Der Zeitwertverfall
- Mark Petrenko
- 25. Mai 2023
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Juni 2024
Dein Freund und Helfer als Optionsverkäufer.

Im letzten Artikel über die Optionskette und den Wert von Optionen haben wir bereits thematisiert, dass der Optionspreis je nach Moneyness aus innerem Wert und/oder Zeitwert besteht. Ich hatte kurz angeteasert, dass der Zeitwertverfall für mich als Stillhalter (Optionsverkäufer) in meinem Interesse arbeitet und mich beim Geld verdienen unterstützt - heute erfährst du alle notwendigen Details dahinter.
Am Verfallstag ist der Zeitwert gleich null
Du hast in diesem Artikel bereits das Verfallsdatum einer Option und damit die Restlaufzeit als wichtigen Parameter kennengelernt. Eines ist nämlich sicher: Mit jedem Tag, der vergeht, nimmt die Restlaufzeit ab und damit sinkt auch der Zeitwert kontinuierlich (isoliert betrachtet, d.h. bei gleichbleibendem Aktienkurs des Basiswerts und unveränderter Volatilität).
Am Verfallstag ist der Zeitwert dann 0 und die Option besteht nur noch aus innerem Wert (der auch 0 sein kann, wenn die Option aus dem Geld ist). Das liegt ganz banal gesagt daran, dass einfach die Zeit und damit auch die Wahrscheinlichkeit für große Kursänderungen stetig abnimmt.
Die Restlaufzeit basiert übrigens auf Kalendertagen und nicht auf Börsenhandelstagen. Der Zeitwert nimmt also auch über das Wochenende ab, während du Zeit mit deinen Liebsten verbringst oder deinen Hobbies nachgehst.
Zeitwertverfall beim Short Put in der Praxis
Um hier besonders praxisnah zu arbeiten, schauen wir uns den Zeitwertverfall anhand eines konkreten Beispiels an. Um vorab meine Trades zu simulieren und die richtigen Parameter zu finden, nutze ich das Tool OptionStrat* und spiele verschiedene Varianten meines geplanten Trades durch. Dies ist bereits in der kostenfreien Version möglich und ich kann es daher nur wärmstens empfehlen.
Die relevanten Felder habe ich im Bild farblich markiert. Als Beispiel habe ich die Amazon-Aktie (Ticker: AMZN) rausgesucht, die aktuell bei $116.26 steht. Es geht hier um einen Short Put mit Strike $105 bis zum 23. Juni und dafür gäbe es $87 an Prämie. Die Aktie kann also weiter steigen, stagnieren oder sogar etwas fallen. Solange sie zum Verfallsdatum über $105 steht, läuft alles nach Plan.

Die Prozentwerte in der Tabelle drücken deinen Gewinn/Verlust im Verhältnis zu den eingenommenen $87 aus: Bei 100% behältst du die volle Prämie, bei 50% kannst du etwa $43 Gewinn realisieren und bei -100% wären es $87 Verlust. Für dein Verständnis des Zeitwertverfalls ist insbesondere der farblich hervorgehobene Bereich bei $116/$117 wichtig, also am aktuellen Kurs.
Du siehst hier den Zeitwertverfall in Aktion: Bei gleichbleibendem Kurs nimmt dein prozentualer Gewinn mit jedem Tag zu. Da die Option mit Strike $105 aus dem Geld liegt, gibt es keinerlei inneren Wert und die anfänglichen $87 sind reiner Zeitwert. Mit jedem vergangenen Tag schmilzt dieser ab und erhöht deinen Gewinn. So könntest du je nach Aktienkursverlauf bereits am 30. Mai oder 2. Juni 50% Profit einsacken, also nach nur 10-13 von den anfänglichen 34 Tagen Laufzeit.
Wenn du meine Artikel schon länger liest oder meine neuesten Posts auf Instagram verfolgt hast, weißt du, dass genau dieses Vorgehen ein wichtiger Teil meiner Strategie ist: 50% Gewinn nach z.B. einem Drittel der Laufzeit einsacken, statt die volle Laufzeit für 100% Gewinn abzuwarten. Ein wahrer Booster für deine Rendite und zusätzlich Risikominimierung und Befreiung des Kapitals für frische Trades.
Zeitwertverfall beim Long Call als Negativbeispiel
Du weißt nun, dass du als Optionsverkäufer vom fallenden Zeitwert profitieren kannst. Dies ist allerdings ausschließlich bei verkauften Optionen der Fall. Bei gekauften Optionen tritt genau der gegenteilige Effekt ein, was ich am Beispiel eines Long Calls veranschaulichen möchte.
Wir bleiben bei AMZN und dem gleichen Verfallstag, schauen uns allerdings den Kauf eines Calls am Geld mit Strike $117 an. Da du für solch einen Call $395 bezahlen würdest, müsste die Amazon-Aktie am 23. Juni mindestens über $121 stehen, um damit keinen Verlust zu machen.

Wenn du deinen Blick erneut auf den Bereich von $116/$117 legst, siehst du, dass für einen Optionskäufer der Zeitwertverfall zum Feind wird. Wenn die Aktie sich nicht vom Fleck bewegt, erhöhen sich hier deine Verluste mit jedem einzelnen Tag bis deine Option zum Verfallstag vollkommen wertlos ist. Dies ist einer der Hauptgründe, warum ich viel lieber Optionen verkaufe, als welche zu kaufen.
Beschleunigung des Zeitwertverfalls zum Ende der Laufzeit
Um das Thema Zeitwertverfall abzurunden, möchte ich dir abschließend noch ein wenig theoretisches Wissen mit an die Hand geben. Hierbei nutze ich eine Grafik des Online-Brokers LYNX*, bei dem du auch dein Handelskonto eröffnen kannst (dieser Vergleich hilft dir bei der Auswahl des richtigen Brokers für dich).
Was du hier schematisch erkennen kannst, ist, wie bei einer Option am Geld der Zeitwert bei geringerer Restlaufzeit stärker fällt als bei hoher Restlaufzeit. Zum Beispiel reduziert sich hier der Zeitwert im Zeitfenster von 150 Tagen Restlaufzeit auf 100 Tage Restlaufzeit nur um 0,85€, während er in den letzten 50 Tagen um ganze 3,00€ sinkt.
Das ist mitunter auch einer der Hauptgründe, warum ich vorwiegend Optionen mit 30-45 Tagen Laufzeit handle.

Die Zusammenfassung kann kurz und knackig auf den Punkt gebracht werden: Durch den Zeitwertverfall hast du als Stillhalter einen systematischen Vorteil gegenüber einem Optionskäufer.
Einfach ein paar Optionen verkaufen, an den Strand legen und das Leben genießen. Dein loyaler Freund Zeitwertverfall regelt das schon für dich mit dem Vermögensaufbau.
So einfach geht es dann natürlich doch nicht.😉
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