Was sind Optionen und wie funktioniert der Handel?
- Mark Petrenko
- 24. März 2024
- 18 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Okt. 2024
Du bist bei deiner Suche nach Wegen, online ein regelmäßiges Einkommen zu generieren, auf den Optionshandel gestoßen und möchtest nun wissen, was sich dahinter verbirgt? Dann bist du hier genau richtig!
In diesem Ratgeber lernst du alles, was ein Einsteiger zu Beginn über Optionen wissen sollte und wie genau der Handel mit Optionen funktioniert. Ich führe dich Schritt für Schritt durch die wichtigsten Themen.
Solltest du nach dem Lesen noch konkrete Unterstützung bei der Umsetzung benötigen, können wir in einem persönlichen Q&A Call all deine spezifischen Fragen klären. Damit geben wir dir gemeinsam den nötigen Schub an Selbstvertrauen für deinen erfolgreichen Start in den Optionshandel.
Inhaltsverzeichnis
Was sind Optionen?
Eine etwas trockene Definition ist hier leider unvermeidlich:
Optionen geben ihrem Inhaber das Recht, aber nicht die Pflicht, einen Vermögenswert bis zu einem bestimmten Datum zu einem vorher vereinbarten Preis zu kaufen.
Nehmen wir diesen Satz mal etwas auseinander:
Recht und Pflicht: Der Käufer einer Option hat stets das Recht zur Ausübung, muss dies jedoch nicht tun. Im Falle einer Ausübung hat der Verkäufer hingegen die Pflicht, den Vermögenswert zu liefern.
Vermögenswert: Das können Aktien, ETFs, Indizes, Rohstoffe oder Währungen sein. Im Kontext von Optionen spricht man hier von einem Basiswert oder Underlying.
Datum: Optionen sind sog. Termingeschäfte und haben immer ein Verfallsdatum.
Preis: Dieser wird auch als Ausübungspreis oder Strike bezeichnet.
"Okay cool," denkst du dir vielleicht, "aber wie kann ich nun mit Optionen Geld verdienen?"
Hierzu ein stark vereinfachtes Beispiel zur besseren Veranschaulichung:
Angenommen, die Aktie von Apple steht aktuell bei etwa $184. Du gehst von steigenden Kursen aus und möchtest davon profitieren. Statt dir die Aktien direkt zu kaufen und später wieder bei einem höheren Kurs mit Gewinn zu verkaufen, was je nach Menge recht viel Kapital bindet, kannst du dir auch einfach eine Call-Option kaufen.
Diese ist in den meisten Fällen deutlich günstiger und du erwirbst damit das Recht, 100 Apple-Aktien zu einem definierten Preis (z.B. $185) in einem bestimmten Zeitraum (z.B. 60 Tage) zu kaufen. Für dieses Recht zahlst du aktuell nur etwa $600 statt den $18.400 (100 * $184) für die Aktien.
Steigt Apple nun wie von dir erwartet stark an, kannst du die Option mit einem schönen Gewinn verkaufen oder dir die Aktien zu dem niedrigeren Preis in dein Depot einbuchen lassen. Verluste gibt es hier nicht, weil *stonks only go up* 😜.
Spaß beiseite, die gibt es natürlich: Sollte Apple z.B. auf $175 fallen, macht eine Ausübung deiner Option keinen Sinn mehr, da du die Aktien deutlich günstiger am Markt kaufen könntest. Die Option selbst wäre dann auch wertlos und du hättest "nur" die gezahlte Prämie von $600 verloren, statt den $900 Verlust bei einem direkten Kauf der 100 Aktien [($184 - $175) * 100].
So viel zur groben Einführung, im nächsten Abschnitt geht's etwas mehr in die Details.
Zusammengefasst: Der Käufer einer Option zahlt für sein Recht dem Verkäufer eine Prämie und verfolgt meistens das Ziel der Absicherung gegen fallende Kurse oder Spekulation auf steigende Kurse. Der Verkäufer nimmt hier quasi die Rolle eines Versicherers ein und setzt darauf, dass die Ausübung der Option für den Käufer wirtschaftlich keinen Sinn machen wird und er damit die Prämie ohne Gegenleistung behalten kann.
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Wie funktionieren Optionen?
Optionshandel mag für Außenstehende kompliziert erscheinen, ist es aber gar nicht. Es gibt nämlich nur zwei Arten von Optionen: die Call-Option (Recht, den Basiswert zu kaufen) und die Put-Option (Recht, den Basiswert zu verkaufen).
Call- und Put-Optionen
Calls und Puts wiederum können gekauft (long) oder verkauft (short) werden, woraus sich die vier grundlegenden Strategien ergeben:
Call | Put | |
Kaufen | Long Call - Recht zum Kauf des Basiswerts - Profitiert von steigenden Kursen | Long Put - Recht zum Verkauf des Basiswerts - Profitiert von fallenden Kursen |
Verkaufen | Short Call - Pflicht zum Verkauf des Basiswerts - Profitiert von seitlichen und fallenden Kursen | Short Put - Pflicht zum Kauf des Basiswerts - Profitiert von seitlichen und steigenden Kursen |
Welche Ziele verfolgt man typischerweise mit den unterschiedlichen Strategien?
Long Call: Spekulation auf steigende Kurse
Long Put: Absicherung bestehender Positionen gegen fallende Kurse oder Spekulation darauf
Short Call: Generierung von Einkommen durch Prämien ("Stillhaltergeschäft")
Short Put: Generierung von Einkommen durch Prämien ("Stillhaltergeschäft") und/oder Erwerb des Basiswerts zu einem niedrigeren Preis
Du glaubst es mir vielleicht noch nicht, aber das waren bereits alle Grundpositionen im Optionshandel. Alle erweiterten Strategien mit ihren fancy Namen wie Iron Condor, Bull Put Spread oder Jade Lizard entstehen durch verschiedene Kombinationen der vier Grundstrategien.
Optionen vs. Optionsscheine
Ein weit verbreiteter Irrtum: Nein, Optionen und Optionsscheine sind nicht ein und dasselbe. Zwar sind sie sich in vielerlei Hinsicht ähnlich, jedoch haben Optionsscheine einige gravierende Nachteile gegenüber Optionen.

Nachfolgend ein Vergleich der wichtigsten Faktoren:
Option | Optionsschein | |
Herausgeber (Emittent) | Keiner | Bank |
Standardisierung | Ja | Nein |
Emittentenrisiko | Nein | Ja |
Handel | Optionsbörse | Wertpapierbörse oder außerbörslich |
Preisstellung | Fair | Intransparent (durch Bank) |
Stillhalten | Ja | Nein |
Du erkennst es bestimmt schon an der Einfärbung: Ich bin etwas parteiisch und wäre kein guter Schiedsrichter.
Zusammengefasst: Bei Optionsscheinen liegen die Vorteile klar aufseiten der herausgebenden Bank und du als Privatanleger bist benachteiligt. Bei reinen Optionen ist dies nicht der Fall. Du kannst den selben Vorteil, den Banken bei Optionsscheinen als Stillhalter haben, für dich selbst nutzen.
Falls dich mehr Details dazu interessieren, findest du hier einen Blogartikel von mir zu dem Thema.
Unterschiedliche Ausübungsarten
Beim Handel mit Optionen werden zwei Ausübungsarten unterschieden:
Amerikanische Optionen können jederzeit bis zum Verfallstag vom Käufer ausgeübt werden.
Europäische Optionen können nur am Ende ihrer Laufzeit ausgeübt werden.
Die Bezeichnungen sind historisch begründet und haben keinen direkten Zusammenhang zum Herkunftsland des Basiswerts. Optionen auf US-Aktien und in den USA ausgegebene ETFs sind allerdings auch immer vom amerikanischen Typ. Bei deutschen Aktien hingegen kannst du zwischen europäischen und amerikanischen Optionen wählen.
Zusätzlich gibt es auch Unterschiede bei der Abrechnung am Verfallstag oder im Falle einer Ausübung durch den Käufer:
Bei Optionen auf Aktien oder ETFs kommt es im Falle einer Ausübung zu einer physischen Lieferung des Basiswerts. Beispielsweise wird dann dem Verkäufer eines Puts das Wertpapier zum vereinbarten Preis (Strike) ins Depot gebucht.
Bei Optionen auf einen Index, wie z.B. den S&P 500, kommt es zu einem Barausgleich (Cash Settlement). Hier wird die Differenz zwischen Strike und Marktpreis zum Verfallstag berechnet und entsprechend durch das Konto des Verkäufers ausgeglichen, falls notwendig. Eine Ausübung durch den Käufer gibt es hier nicht, sondern dieser bekommt eine Gutschrift oder die Option verfällt wertlos.
Zusammengefasst: Es gibt amerikanische Optionen (Ausübung jederzeit vor Laufzeitende) und europäische Optionen (Ausübung nur zum Laufzeitende). Bei der Abrechnung kann es zu einer physischen Lieferung (Aktien und ETFs) oder einem Barausgleich (Indizes) kommen.
Bevor du nun nach der ganzen Theorie keine Lust mehr hast und mir abspringst, möchte ich dir im nächsten Abschnitt die praktische Funktionsweise von Optionen anhand zweier Beispiele etwas genauer erklären.
Beispiel 1: Autokauf aus Käufersicht mit Call-Option
Nehmen wir an, du möchtest dir ein neues Auto kaufen. Dieses kostet aktuell 20.000€. Du findest das Auto super, hast aber im Moment das Geld nicht parat und möchtest auch keinen Kredit aufnehmen. Du weißt jedoch, dass du in sechs Monaten eine große Bonuszahlung erhältst und damit den Kaufpreis beisammen hättest.
Es herrscht aktuell eine Knappheit des gefragten Modells und du befürchtest, der Preis könnte bis dahin steigen. Du möchtest dir den aktuellen Preis sichern und machst mit dem Autoverkäufer vertraglich aus, dass du ihm jetzt 500€ bezahlst und dafür das Auto in sechs Monaten zum gegenwärtigen Preis von 20.000€ kaufen kannst, aber nicht musst.
Dies entspricht dem Kauf einer Call-Option. Der Vertrag gibt dir das Recht, aber nicht die Pflicht, das Auto in sechs Monaten zum vereinbarten Preis zu kaufen.
Ist der Marktpreis nun sechs Monate später wie von dir erwartet gestiegen und liegt z.B. bei 22.000€, hast du einen super Deal gemacht und kannst stattdessen das Auto für insgesamt nur 20.500€ (gesicherter Kaufpreis von 20.000€ + Call-Option von 500€) erwerben.
Ist der Marktpreis allerdings entgegen deiner Erwartung z.B. auf 18.000€ gesunken, macht die Ausübung der Option wirtschaftlich keinen Sinn, da du das Auto zum niedrigeren Marktpreis erwerben kannst. Du lässt die Option also wertlos verfallen und hättest dadurch für dein Auto am Ende 18.500€ (Marktpreis von 18.000€ + Call-Option von 500€) ausgegeben.
Beispiel 2: Autoverkauf aus Verkäufersicht mit Put-Option
Nehmen wir an, du möchtest dein Auto verkaufen und könntest damit aktuell 20.000€ auf dem Markt erzielen. Du brauchst das Geld nicht sofort und erwartest einen steigenden Marktpreis in den kommenden Monaten. Du möchtest dir dennoch sicherheitshalber den aktuellen Preis sichern und machst mit einem Autohändler vertraglich aus, dass du ihm jetzt 500€ bezahlst und dafür das Auto in sechs Monaten zum gegenwärtigen Preis von 20.000€ verkaufen kannst, aber nicht musst.
Dies entspricht dem Kauf einer Put-Option. Der Vertrag gibt dir das Recht, aber nicht die Pflicht, das Auto in sechs Monaten zum vereinbarten Preis zu verkaufen.
Ist der Marktpreis nun sechs Monate später wie von dir erwartet gestiegen und liegt z.B. bei 22.000€, lässt du deine Option wertlos verfallen und kannst dein Auto zum Marktpreis verkaufen. Somit erhältst du insgesamt 21.500€ (Marktpreis von 22.000€ - Put-Option von 500€) für dein Auto.
Ist der Marktpreis hingegen z.B. auf 18.000€ gesunken, freust du dich über die von dir gekaufte Absicherung und kannst insgesamt 19.500€ (gesicherter Verkaufspreis von 20.000€ - Put-Option von 500€) erwirtschaften.
Woraus besteht eine Option?
Du weißt nun, was Optionen sind, wie sie grundlegend funktionieren und welche Interessen mit ihnen verfolgt werden können. Als nächstes geht es mehr in die Details und Bestandteile von Optionen. Du lernst dabei auch gängige Fachbegriffe und Konzepte im Optionshandel.
Notierung einer Option
AMZN 15MAR24 150 P
Was hier wie ein mittelmäßig sicheres Passwort aussieht, ist die gängige Schreibweise einer Option und enthält all ihre relevanten Bestandteile:
AMZN: Das ist der Basiswert (auch Underlying genannt) der Option, hier die Amazon-Aktie. Jedes Unternehmen an der Börse hat solch ein eindeutiges Ticker-Symbol, z.B. MSFT für Microsoft oder AAPL für Apple.
15MAR24: Das Verfallsdatum der Option, hier der 15. März 2024. Bis zu diesem Tag kann der Käufer die Option spätestens ausüben. Der große Verfallstag ist immer der dritte Freitag eines Monats, aber die meisten gängigen Basiswerte haben mittlerweile auch wöchentliche Verfallstage (ebenfalls freitags).
150: Der Strike-Preis (kurz: Strike) der Option, also der vereinbarte Preis, zu dem der zugrundeliegende Basiswert bei Ausübung einer Call-Option gekauft oder bei einer Put-Option verkauft werden kann.
P: Das P steht für Put und C würde Call bedeuten.
Optionskette
Die untenstehende Abbildung mag für dich vielleicht etwas komplex aussehen, aber da musst du leider durch. Das ist die sog. Optionskette und sie wird dein täglicher Begleiter im Optionshandel sein. Darin sind alle verfügbaren Optionen eines Basiswerts tabellarisch aufgelistet und sie enthält noch einige weitere wertvolle Informationen, die ich nachfolgend beschreibe.

Was kannst du daraus entnehmen?
Basiswert und den aktuellen Kurs: Amazon (AMZN), $156.37
Verfallstermine und Laufzeit: 15. März 2024, zum Zeitpunkt der Aufnahme 50 Tage entfernt; ich zeige hier nur die monatlichen Verfallstage (dritter Freitag) an, es gibt jedoch für Amazon auch wöchentliche
Kontraktgröße für den Basiswert: 100 (Standard bei Optionen auf US-Aktien und ETFs)
Implizite Volatilität (IV): 31,4% für diesen Verfallstag (mehr Infos unten bei den "Griechen")
Strikes (Basispreise): hier auf 20 eingegrenzt, es gibt jedoch noch einige weitere
Calls auf der linken Seite und Puts auf der rechten
Geld- und Briefkurse: der Preis für deine Trades findet sich meistens mittig zwischen den beiden; zu große Unterschiede (Spreads) deuten auf eine geringe Liquidität hin
Delta: aus meiner Sicht der wichtigste "Grieche", weiter unten dazu mehr
Open Interest (offenes Interesse): Anzahl offener Kontrakte einer Option; guter Indikator für die Beliebtheit eines Strikes (z.B. 145 bei den Calls)
Um aufs obige Beispiel AMZN 15MAR24 150 P zurückzukommen:
Der Geldkurs liegt bei $4.20 und der Briefkurs bei $4.30, ein Trade würde also sehr wahrscheinlich in der Mitte bei $4.25 zustande kommen. Dieser Preis wird mit der Kontraktzahl von 100 multipliziert und entspricht dann der Prämie der Option. Als Käufer der Option würdest du hier also $425 bezahlen.
Moneyness
Die Höhe der Prämie spielt naturgemäß bei Handelsentscheidungen eine sehr wichtige Rolle. Doch wovon hängt sie ab? Die Optionskette liefert hierbei entscheidende Informationen:
Calls werden mit niedrigeren Strikes immer teurer. Bei einem Kurs von $156.37 ist das Recht, die Amazon-Aktie für $140 kaufen zu dürfen, selbstverständlich wertvoller als für $170.
Puts werden mit höheren Strikes immer teurer. Gleichermaßen ist das Recht wertvoller, Amazon für $170 verkaufen zu dürfen als für $140.
Die relative Lage des Strikes zum aktuellen Kurs des Basiswerts wird auch als Moneyness bezeichnet. Folgende Abgrenzungen sind hierbei wichtig:
Am Geld (at the money, ATM): Der Strike liegt nahe des Kurses des Basiswerts. Bei AMZN also der Strike $155.
Aus dem Geld (out of the money, OTM): Bei Puts sind das alle Strikes unter dem ATM-Strike (hier also $150 und niedriger), bei Calls alle Strikes darüber (hier $160 und höher). OTM-Optionen werden mit zunehmender Entfernung vom ATM-Strike günstiger.
Im Geld (in the money, ITM): Bei Puts sind das alle Strikes über dem ATM-Strike (hier also $160 und höher), bei Calls alle Strikes darunter (hier $150 und niedriger). ITM-Optionen werden mit zunehmender Entfernung vom ATM-Strike teurer.
Zur besseren Visualisierung hier noch im Chart dargestellt (mit mittlerweile etwas anderen Kursen):
Stelle dir als einfache Merkhilfe am besten immer die folgende Frage:
Hat diese Option für ihren Käufer zum aktuellen Zeitpunkt einen hohen oder eher niedrigen wirtschaftlichen Wert?
Wo wir nun schon mal beim Thema Wert sind, geht es direkt mit der Zusammensetzung des Preises einer Option weiter.
Innerer Wert und Zeitwert
Der Wert einer Option besteht lediglich aus zwei Komponenten: dem inneren Wert und dem Zeitwert.
Wir bleiben weiterhin beim obigen Beispiel der Optionskette für Amazon.
Wenn du dir bei einem Aktienkurs von $156.37 einen Call mit Strike $140 kaufst, sicherst du dir das Recht, die Aktien ab sofort $16.37 unter dem aktuellen Marktpreis kaufen zu dürfen. Dies entspricht hierbei exakt dem inneren Wert der Option. Nun hast du ja gerade gelernt, die Optionskette zu lesen, und siehst, dass dieser Call aber $19.25 kostet (Mitte zwischen Geld- und Briefkurs). Daraus ergibt sich, dass die Differenz von $2.88 dem Zeitwert entspricht.
Wir halten fest: Innerer Wert eines Calls = Kurs des Basiswerts - Strike.
Der innere Wert kann nicht negativ werden (betrifft OTM-Optionen mit Kurs < Strike).
Gleiches gilt für einen Put: Wenn du dir bei einem Aktienkurs von $156.37 einen Put mit Strike $170 kaufst, sicherst du dir das Recht, die Aktien ab sofort $13.63 über dem aktuellen Marktpreis verkaufen zu dürfen (innerer Wert). Laut Optionskette liegt der Preis dieses Puts bei $15.50. Demnach beträgt hier der Zeitwert $1.87.
Daraus ergibt sich: Innerer Wert eines Puts = Strike - Kurs des Basiswerts.
Auch hier kann der innere Wert im Tiefpunkt nur Null sein.
Falls du dich nun fragst, inwiefern dir dieses Wissen helfen wird: Optionshandel wird von Privatpersonen oftmals als Einkommensquelle genutzt (später mehr zu den Anwendungsfällen). Eine beliebte Strategie ist hierbei der Verkauf von Put-Optionen aus dem Geld, z.B. bei Amazon beim Strike $135 (14% unter dem aktuellen Kurs $156.37).
Hierfür erhältst du direkt eine Prämie von $115. OTM-Optionen bestehen rein aus Zeitwert, der bis zum Laufzeitende stetig abnimmt und zum Verfall bei Null liegt. Steht die Amazon-Aktie also zum Ende der Laufzeit über $135, hast du einfach durch Warten $115 verdient. Klingt das nicht geil?
Bevor du jetzt aber direkt losläufst und wild Optionen verkaufst, müssen wir noch kurz über die allseits bekannten "Griechen" im Optionshandel sprechen.
Die Griechen
Du kennst es bestimmt noch aus dem Mathe-Unterricht in der Schule: Geht es um Zahlen, so dürfen ein paar griechische Buchstaben nicht fehlen.
Die Griechen sind Kennzahlen, die die verschiedenen Einflussfaktoren auf den Preis einer Option abbilden. Nachfolgend eine Übersicht der wichtigsten Griechen und ihrer Bedeutung:
Delta: Der mit Abstand bekannteste und wichtigste Grieche. Delta misst die Änderung des Optionspreises in Bezug auf eine Kursänderung des Basiswerts und kann Werte zwischen -1 und 1 annehmen. Bei einem Delta von 0.5 (entspricht einem Call am Geld, s. Optionskette oben) führt eine Erhöhung im Basiswert um $1 zu einer Erhöhung des Optionspreises um $0.5 (gut für Long Call, schlecht für Short Call). Gleichermaßen führt bei einem Delta von -0.5 (entspricht einem Put am Geld) eine Erhöhung im Basiswert um $1 zu einer Verminderung des Optionspreises um $0.5 (gut für Short Put, schlecht für Long Put). Im allgemeinen Sprachgebrauch ist häufig z.B. auch von einem "Put mit Delta 16" die Rede, man lässt also das Vorzeichen weg und multipliziert den Wert mit 100. Die Formel "100 - Delta" gibt zudem Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit, mit der die Option zum Ende der Laufzeit aus dem Geld liegt und damit wertlos verfällt (also bei einem Put über dem Strike schließt oder bei einem Call darunter). Bei einem Delta von 16 liegt diese Wahrscheinlichkeit demnach grob bei 84%.
Theta: Im letzten Unterkapitel hast du den Zeitwert kennengelernt und Theta ist hierzu der passende Grieche. Optionen verlieren mit jedem vergangenen Tag an Wert und dieser Zeitwertverlust wird durch Theta quantifiziert. Theta ist stets negativ, der absolute Wert selbst spielt aber eher eine untergeordnete Rolle. Hierbei ist es jedoch wichtig zu wissen, dass verkaufte Optionen vom Zeitwertverlust profitieren, während gekaufte darunter leiden. Falls du mehr zum Thema Zeitwertverlust erfahren möchtest, findest du in diesem Artikel von mir weitere Details dazu.
Vega: Die implizite Volatilität (s. Optionskette) ist beim Optionshandel von sehr großer Bedeutung. Es ist vorteilhaft, Optionen bei hoher IV zu verkaufen, da die Optionspreise dann allgemein hoch sind und von einem Rückgang der IV zu ihrem Mittelwert profitieren. Vega ist der dazugehörige Grieche und beschreibt die Änderung des Optionspreises abhängig von der Volatilität. Vega ist stets positiv, wodurch alle Optionen bei einer Erhöhung der IV teurer werden. Short Optionen leiden also darunter und Long Optionen profitieren davon. Der absolute Wert von Vega ist auch hier weniger relevant. Zum Thema implizite Volatilität habe ich ebenfalls einen ausführlichen Artikel geschrieben.
Gamma: Die Änderungsrate des Deltas abhängig vom Kurs des Basiswerts wird durch Gamma abgebildet. Delta und die anderen Griechen sind nämlich nicht statisch, sondern ändern sich ständig. Was du hierbei wissen solltest: Gamma ist immer positiv und kurz vor dem Verfall am größten. Das bedeutet, dass dann selbst kleinere Kursschwankungen im Basiswert zu großen Schwankungen im Optionspreis führen können. Man spricht hierbei auch vom Gamma-Risiko.
Rho: Diesen Griechen erwähne ich nur der Vollständigkeit halber, da er in der Praxis kaum eine Rolle spielt. Rho misst die Auswirkungen der Zinssätze auf den Optionspreis.
Puh, das war nun einiges an Theorie. Respekt, dass du drangeblieben bist und dich durchgebissen hast, denn all dieses Wissen ist eine der Voraussetzungen, um langfristig profitabel im Optionshandel bestehen zu können.
Falls du dein neu erworbenes Wissen direkt noch weiter vertiefen möchtest, erfährst du in diesem Artikel, welche Bücher ich zum Einstieg gelesen habe und auch dir empfehlen kann.
Im nächsten Abschnitt wird es jedoch wieder deutlich praxisnaher und du wirst dort kennenlernen, wann und wie du verschiedene Optionsstrategien gewinnbringend einsetzen kannst.
Zusammengefasst: Die Hauptbestandteile einer Option sind Basiswert, Verfallsdatum, Strike und ihre Art (Put oder Call). Weitere wichtige Informationen lassen sich aus der Optionskette entnehmen. Optionen können im, am oder aus dem Geld liegen (Moneyness). Der Preis einer Option besteht aus innerem Wert und Zeitwert. Die Griechen beschreiben verschiedene Einflussfaktoren auf den Optionspreis, wie z.B. Kursbewegungen des Basiswerts, Zeit und implizite Volatilität.
Wann machen Optionen Sinn und welche Anwendungsfälle gibt es?
Womöglich hast du gehört, dass sich mit Optionen durch sog. Stillhaltergeschäfte ein passives Einkommen generieren lässt und bist deswegen bei diesem Ratgeber gelandet. Oftmals fallen in diesem Zusammenhang auch Formulierungen wie "Aktien vermieten" oder "Aktien verbilligt einkaufen".
Eine Illusion muss ich dir schon mal nehmen: Optionshandel ist (gewissenhaft betrieben) alles andere als passiv!
Ein regelmäßiges Einkommen mit geringem zeitlichen Aufwand lässt sich damit hingegen auf jeden Fall erwirtschaften, sodass du mit der Schnappatmung wieder aufhören kannst.😜
In diesem Abschnitt gehe ich zudem auch genauer auf andere mögliche Anwendungsfälle ein.
Einkommen generieren
Hierbei trittst du vorwiegend als Verkäufer von Optionen (Stillhalter) auf. Manchmal ist dabei auch die Rede von "Optionen schreiben".
Kleiner Reminder: Beim Verkauf von Optionen bist du in der Rolle des Versicherers und erhältst dafür eine Prämie. Wie jede Versicherung setzt auch du darauf, dass es zu keinem Versicherungsfall kommt bzw. die Summe der Einnahmen die Kosten der wenigen Schadensfälle abdeckt.
Welche grundlegenden Strategien bieten sich hierfür an? Nachfolgend eine Übersicht:
Cash-Secured Put: Du verkaufst einen Put auf z.B. die Aktie von Amazon mit einem Strike unter dem aktuellen Kurs. Steht die Aktie zum Ende der Laufzeit über dem Strike, verfällt die Option wertlos und du behältst einfach die ganze Prämie. Für den Fall, dass der Strike zum Ende der Laufzeit unterschritten wird und dir bei einem einzelnen Kontrakt 100 Stück der Aktie eingebucht werden, hältst du das nötige Geld vor (deswegen "Cash-Secured"). Wenn du die Aktien sowieso zum Strike-Preis haben willst, ist dies eine bessere Alternative als die klassische Limit-Order. So wirst du immerhin für deine Wartezeit bezahlt und kannst die Aktien verbilligt kaufen.
Short Put: Du verkaufst auch hier einen Put unter dem aktuellen Kurs, allerdings ohne die Absicht, die Aktien in dein Depot buchen zu lassen. Diese Strategie zielt rein auf ein regelmäßiges Einkommen mit Optionen ab. Sollte der Kurs gegen dich laufen, musst du die Option entsprechend eines vorher definierten Verlustlimits (sog. Stop Loss) vor Verfall im Minus schließen. Ebenso kannst du ein Gewinnlimit (sog. Take Profit) festlegen und musst somit nie bis zum Verfall einer Option warten. Als Alternative zum Stop Loss gibt es auch das sog. Rollen, bei dem du die Option im Verlust zurückkaufst und z.B zu einem niedrigeren Strike mit einem späteren Verfallstag wieder verkaufst.
Covered Call: Du besitzt 100 Stück eines Basiswerts und verkaufst einen Call mit Strike über dem aktuellen Kurs (und idealerweise auch über deinem Einstiegskurs). Steht der Kurs am Ende der Laufzeit über dem Strike, wird dir der Basiswert ausgebucht. Du profitierst von der Kurssteigerung (Strike - Einstiegskurs) und der eingenommenen Prämie. Ohne Überschreitung des Strikes behältst du die Aktien und die Prämie, und kannst dann direkt nochmal einen Call verkaufen. Diese Strategie ist gemeint, wenn von "Aktien vermieten" die Rede ist.
Short Call: Du verkaufst einen Call, bist jedoch nicht im Besitz des Basiswerts. Dies wird auch oft als nackter Call bezeichnet. Bei einem Short Put kann der Basiswert "nur" auf 0 fallen und du kennst damit deinen maximal möglichen Verlust. Beim Short Call hingegen ist der Verlust theoretisch unendlich, da auch der Basiswert unbegrenzt steigen kann. Wird dein Strike zum Laufzeitende überschritten und du schließt die Option nicht (mit Verlust), so bist du danach mit 100 Stück im Basiswert Short (Leerverkauf). Eine sehr riskante Strategie und auf keinen Fall für Anfänger geeignet.
Wheel-Strategie: Dies ist die Kombination aus Cash-Secured Put und Covered Call. Du verkaufst solange Puts, bis es zur Einbuchung der Aktien kommt. Danach verkaufst du immer wieder Calls, bis die Aktien wieder ausgebucht werden. Dann kannst du wieder mit den Puts weitermachen bis... ich denke, du hast die Idee eines sich drehenden Rads mit stetigen Prämieneinnahmen verstanden.
Zusammengefasst: Ein regelmäßiges Einkommen lässt sich im Optionshandel durch den Verkauf von Puts und Calls erzielen. Hierbei können Strategien mit Einbuchung des Basiswerts (Cash-Secured Put, Covered Call, Wheel-Strategie) oder ohne beabsichtigte Einbuchung (Short Put, Short Call) eingesetzt werden. Verkaufte Optionen müssen nie bis zum Ende der Laufzeit gehalten werden, sondern du kannst sie stets zuvor durch einen Rückkauf schließen, um Gewinne vorzeitig mitzunehmen oder Verluste zu begrenzen.
Hedging (Absicherung)
Neben regelmäßigen Erträgen ist die Absicherung gegen sinkende Kurse ein weiterer wichtiger Anwendungsfall im Optionshandel:
Long Put: Du besitzt z.B. ein diversifiziertes Aktien-Portfolio oder hast einige bullishe Options-Trades offen, die unter einem Marktabschwung leiden würden. Um dem entgegenzuwirken, kannst du einen Put auf z.B. den SPY (S&P 500 ETF) kaufen. Dieser wird bei fallenden Aktienkursen profitieren und die Verluste im Portfolio oder bei den Einkommens-Trades abfedern.
Protective Put: Du hast z.B. 100 Amazon-Aktien im Depot und möchtest diese vor den anstehenden Quartalszahlen absichern. Auch hier kaufst du einen Put, allerdings direkt auf Amazon selbst als Basiswert. Rauscht die Aktie tatsächlich ab, steigt der gekaufte Put im Wert und gleicht die Verluste in der Aktienposition aus.
Zusammengefasst: Du kannst dich durch gekaufte Puts auf marktbreite ETFs oder Einzelaktien gegen fallende Kurse hedgen (absichern).
Spekulation
Zu guter Letzt bleibt noch die Spekulation auf Kursbewegungen mithilfe von Optionen:
Long Call: Ich habe das Thema schon zu Beginn dieses Artikels mit der Apple-Aktie angeschnitten, möchte hier aber nochmal vertieft auf die Hebelwirkung eingehen. Der aktuelle Kurs steht weiterhin bei $184 und du gehst davon aus, dass die Aktie ihr ehemaliges All-Time-High bei etwa $200 in den nächsten sechs Monaten wieder erreicht. Um mit 100 Aktien darauf zu spekulieren, müsstest du $18.400 einsetzen. Behältst du Recht und steigst nach einem halben Jahr bei $200 aus, hast du $1.600 Gewinn gemacht, was einer Rendite von 8,7% aufs Startkapital entspricht (nicht aufs Jahr hochgerechnet). Eine ähnliche Spekulation kannst du auch mit einem gekauften Call umsetzen, z.B. mit Strike 180 bei etwa sechs Monaten Laufzeit. Hierfür zahlst du momentan nur $1.350. Steht die Aktie zum Laufzeitende bei $200, machst du damit $650 Gewinn (lässt sich aus Optionspreis-Modellen ableiten). Auf das Startkapital bedeutet das hier eine sagenhafte Rendite von 48,1% und damit ein Vielfaches mehr als beim reinen Aktieninvestment! Nicht nur das, dein Risiko ist auch deutlich begrenzter. Sollte die Aktie während der Laufzeit auf 0 fallen, verlierst du nur $1.350 gegenüber $18.400 beim Direktinvestment. Bei Apple ist das natürlich höchst unwahrscheinlich, es kann aber immer irgendwo die nächste Wirecard lauern.🫣
Long Put: Wie auch beim Hedging kaufst du hier einen Put, willst aber einfach von fallenden Kursen profitieren und nicht zwingend dein Depot absichern. Dies kann ebenfalls eine gute Alternative zum direkten Leerverkauf ("Shorten") des Underlyings sein.
Zusammengefasst: Durch Long Calls kannst du auf steigende Kurse spekulieren und aufgrund der Hebelwirkung dein Kapital effizienter bei begrenzterem Risiko einsetzen als bei einem direkten Kauf des Basiswerts.
Wo kannst du Optionen handeln?
Wenn dich nun das Optionsfieber gepackt hat und du dein theoretisches Wissen direkt in die Praxis umsetzen möchtest, kann ich das sehr gut nachvollziehen.
"Wo finde ich denn Optionen bei TradeRepublic?" fragst du dich nun womöglich.
Die Antwort lautet: Gar nicht. Auch nicht bei Consorsbank, Scalable Capital oder einem der anderen klassischen deutschen Aktienbroker.
Für Optionen brauchst du einen darauf spezialisierten Broker. Wenn du bereits etwas Erfahrung im Umgang mit der Plattform hast und dir möglichst niedrige Handelsgebühren von Anfang an wichtig sind, empfehle ich dir das "Original" aus den USA Interactive Brokers (IB)*.
Legst du hingegen zum Start erstmal mehr Wert auf einen guten deutschen Kundenservice, den du mit deinen Fragen löchern kannst, bieten sich deutsche Reseller von IB wie LYNX* oder FXFlat* an. Dort sind die Gebühren entsprechen etwas höher. Im Hintergrund nutzen sie allerdings alle dieselbe Plattform TraderWorkstation (TWS) von IB.
Ich halte mich hier bewusst kurz, da ich zum Thema Broker einen Vergleich erstellt habe, der dir bei der Auswahl helfen soll und auf den ich dich an dieser Stelle gerne verweisen möchte.
Häufig gestellte Fragen - FAQ
Was ist eine Option einfach erklärt?
Eine Option gibt ihrem Inhaber das Recht, aber nicht die Pflicht, einen Vermögenswert bis zu einem bestimmten Datum zu einem vorher vereinbarten Preis zu kaufen.
Was gibt es für Optionen?
Es gibt nur zwei Arten von Optionen: Puts und Calls. Diese können gekauft oder verkauft werden.
Warum kauft man Optionen?
Durch gekaufte Calls kann man auf steigende Kurse spekulieren, während man sich mit gekauften Puts gegen fallende Kurse absichern kann.
Wie kann man mit Optionen Geld verdienen?
Man kann durch den Verkauf von Puts im Rahmen einer Short Put Strategie regelmäßige Prämieneinnahmen erzielen.
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